Studiengang Intellectics
Ziel des forschungsorientierten und durchgehend englischsprachigen Studiengangs
„Intellectics: The Science of AI M.A.“ ist es, den Studierenden auf der Basis des humanistischen Bildungsprinzips sowohl ein tiefes Verständnis von den Grundlagen, Ansätzen, Methoden und Ergebnissen in der Wissenschaft der Künstlichen Intelligenz (KI) zu vermitteln als auch ein breites wissenschaftliches Verständnis der Interaktion von Menschen mit Systemen, die nicht-triviale Aufgaben für den Menschen erledigen können, aus verschiedenen Perspektiven zu fördern. Es werden dabei Ansätze verfolgt, die sich z. B. aus relevanten Fragestellungen der Geisteswissenschaften und insbesondere der Philosophie ergeben.
Historisch gesehen hat sich die Wissenschaft der KI als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet verstanden, das die Ansätze und Erkenntnisse aus diversen Geistes- und Strukturwissenschaften (nebst den Ingenieurs- und Naturwissenschaften) nutzt und aus informationstechnischer Perspektive umsetzt und weiterentwickelt. Im Zuge der jüngsten Entwicklungen rund um den Einsatz und die Bewertung großer Sprachmodelle, die in Chatbots, wie z. B. ChatGPT, Verwendung finden, zeigt sich die (Notwendigkeit der) Interdisziplinarität noch einmal stärker als bisher. Chatbots wie ChatGPT haben eine natürlichsprachliche Schnittstelle, über die Instruktionen an den Chatbot und Dialoge zwischen Menschen und Chatbot erfolgen. Auch wenn die großen Sprachmodelle, die die Chatbots nutzen, mit Optimierungsverfahren generiert wurden, sind zum Beispiel linguistische Modelle der natürlichen Sprache sowie Logiken zur Repräsentation des Dialogzustands zwingend notwendig, um die Dialogverläufe und die darin genutzten Erklärungen und Argumente zu bewerten und zu verstehen. Inwiefern ein Text generierender Chatbot etwas (nicht) verstehen oder wissen kann, lässt sich mit Ansätzen aus der Philosophie des Geistes und der Epistemologie erörtern. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Inwiefern ein Chatbot z. B. für negative Ereignisse infolge eines Dialogs verantwortlich gemacht werden kann, können Studierende u. a. mit Ansätzen der Ethik, der Psychologie und der Forschung zur Kausalität effektiv diskutieren, sofern sich die Studierenden die vorgesehenen fachspezifische formale Grundlagen der Modellbildung im Studium erarbeitet haben. Damit werden notwendige Voraussetzungen für verantwortungsvolles Handeln im späteren Berufsleben geschaffen.
Die kritisch-analytische Auseinandersetzung in den Geisteswissenschaften wird in diesem Studiengang um die informatische Abstraktion sowie die Modellbildung, insbesondere also die Erstellung, Umsetzung und Evaluierung von Modellen ergänzt. Auf diese Weise erlernen die Studierenden nicht nur die kritische Reflexion von rein analytischen Erklärungen, sondern werden auch in die Lage versetzt, ein anwendbares und informationstechnisch umsetzbares Modell von Kausalität zu analysieren, anzuwenden, zu modifizieren und gegebenenfalls als Blaupause zur Entwicklung eigener Modelle zu nutzen. Zentral bei der Vermittlung der informationstechnischen Abstraktion und Modellierung ist das Paradigma eines rationalen Agenten, also eines in einer dynamischen Umgebung handelnden Akteurs, der unter begrenzten Zeit- und Speicherressourcen abhängig von seinen Beobachtungen und seinem intern gebildeten Modell selbständig einen Plan zur Erlangung eines internen Ziels entwickelt. Das interne Ziel wird vom Agenten aus einer Kontext- und einer Aufgabenbeschreibung, die von einem Menschen oder einem anderen Agenten stammen kann, entwickelt. Die Erfüllung der den Agenten gestellten Aufgaben durch rationales Handeln unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcenbeschränkungen (Speicherplatz, Rechenzeit) definiert den verwendeten Intelligenzbegriff der Intellektik als Wissenschaft: Agenten können in diesem Sinne intelligent handeln, indem sie die ihnen gestellten nicht-trivialen Aufgaben zur Zufriedenheit der beteiligen Menschen (als Aufgabensteller) erfüllen, ohne dass hierfür ein Algorithmus direkt vorgegeben oder aus Daten erlernt worden ist.
In einem System bestehend aus (mehreren) Agenten und Menschen ergeben sich durch die Interaktion von Menschen und Agenten in einem sogenannten (sozialen) Mechanismus zusätzliche Herausforderung durch die Tatsache, dass mehrere Akteure mit gegebenenfalls unterschiedlichen lokalen Zielen in einer Umgebung agieren, wobei die jeweiligen lokalen Ziele untereinander oder mit einem globalen Ziel unvereinbar sein können. Wird durch ein solches System ein globales Ziel sicher erreicht, wird es gemeinhin als intelligentes System oder kurz KI-System bezeichnet. Es muss in einem intelligenten System sichergestellt werden, dass Aufgabenbeschreibungen durch die Agenten im Sinne aller am Mechanismus beteiligten Menschen umgesetzt werden (AI Alignment), so dass ethische Grundsätze eingehalten werden. Gerade letztere Aspekte sind Gegenstand der aktuellen KI-Forschung über hierzu notwendige formale Systeme mit Risikoabschätzungen bzw. Sicherheitsgarantien. Der Studiengang Intellectics: The Science of AI M.A. greift unter anderem auch diese Aspekte systematisch in den Modulen auf.
Zusammengefasst erhalten die Studierenden nebst einer kritisch-analytischen Auseinandersetzung von intelligenten Agenten auch notwendige theoretische und praktische Fähigkeiten, um selbst neue sichere, vertrauenswürdige, robuste, transparente und erklärbare Agenten zu entwickeln und durch Reflexion über soziale Mechanismen und ethische Fragestellungen vielfältige Möglichkeiten und potenzielle Gefahren bewerten zu lernen. Diese Kernkompetenz wird im Studiengang durch drei Säulen (s. u.) abgedeckt, wobei die erste Säule die generelle Daten- und algorithmische Kompetenz, die zweite Säule die Modellbildungskompetenz (insbesondere zum Planen) in einem Agenten und die dritte Säule die Modellbildung zum Design von Multiagentensystemen und sozialen Mechanismen abdeckt.
Berufstechnisch eröffnet sich den Studierenden damit nicht nur die Option, eine akademische Laufbahn mit einer Promotion im Schnittgebiet der KI z. B. mit Informatik, Philosophie, Mathematik, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften usw. einzuschlagen, sondern auch die Option, z. B. in Unternehmen, Kommissionen oder gemeinnützigen Organisationen für alle KI-relevanten Themen in beratender Funktion tätig zu werden. Erklärtes Ziel des Studiengangs im Sinne einer nachhaltigen Lehre ist es dabei nicht nur, den Studierenden zur erfolgreichen Bewerbung in den genannten Gebieten zu verhelfen, sondern mit der nachhaltigen Vermittlung der wesentlichen Ideen, Konzepte, Methoden und Ansätze - im Gegensatz zu gerade angesagten Technologien, Programmiersprachen o. ä. – auch die Qualität und Stabilität im Berufsleben (Sicherung des Arbeitsplatzes) zu gewährleisten.
Mit dem Studiengang Intellectics: The Science of AI M.A. wird ein früher Vorschlag von Wolfgang Bibel zu einem nachhaltigen Wissenschaftsgebiet „Intellektik“ (zur Abgrenzung zum vielerorts immer noch üblichen Verständnis der KI als Werkzeug- und Methodenbaukasten für IT-Anwendungen) aufgegriffen. Allerdings wird der ursprünglich von ihm intendierte Fokus auf kognitionswissenschaftliche Theorien und Methoden zum Design eines einzelnen Agenten im Studiengang wesentlich erweitert um Ansätze der Spieltheorie, Fragestellungen des Designs (sozialer) Mechanismen und Prinzipien der formalen Ethik. Nur mit der globalen Perspektive dieser Ansätze lassen sich sichere, vertrauenswürdige, robuste, transparente und erklärbare Multiagentensysteme sowie soziale Mechanismen entwickeln, in denen gesellschaftlich relevanten Werten, Normen und Zielen angemessen Rechnung getragen wird.
Ab dem Wintersemester 2025/26 werden folgende Veranstaltungen im Rahmen des neuen Studiengangs "Intelletics: The Science of AI" angeboten. Die Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt.
- Understanding Data vs. Machine Training (8 LP)
- GenAI in Education, Science, and Society (8 LP)
- Agents, Intellectics, and Logic (8 LP)
- Peception: Natural Language Computing and Computer Vision (8 LP)
- Planning, and Decision Processes (8 LP)
- Uncertainty, Causality, and Conditionals (8 LP)
- Human-Compatible AI (8 LP)
- Probabilistic Foundaton Models (8 LP)
- Social Mechanisms, Social Epistemology, and Formal Ethics (8 LP)
Sieh hier für eine tentative Beschreibung des Studiengangs in englischer Sprache und einer Beschreibung der Module.