Liberal Arts & Sciences
Gefühle im Angesicht des KlimawandelsInterview mit einer deutschen Försterin
1. Juli 2025

Foto: Unsplash / Max Payload
Der Klimawandel ist in Deutschland längst nicht mehr nur ein abstraktes Phänomen – er ist sichtbar geworden, besonders in der Natur. Deutlich wird das in den Wäldern, die unter extremen Wetterlagen, anhaltender Trockenheit und Schädlingsbefall leiden. Auch Förster:innen sind direkt betroffen, denn sie erleben die Veränderungen täglich und spüren auch emotional, was es bedeutet, wenn der Wald stirbt.
Im Seminar „Die empirisch informierte Reflexion: Einführung in sozialwissenschaftliche Methoden“ unter der Leitung von Dr. Lorina Buhr, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Liberal Arts & Sciences, lernte ich grundlegende empirische Methoden der Sozialforschung kennen. Ein besonderer Fokus lag auf dem qualitativen Experteninterview, das ich in Form eines leitfadengestützten Gesprächs mit der Försterin Beate Bauers aus dem Harz selbst durchführen konnte. Das Interview ermöglichte mir persönliche Einblicke in Frau Bauers Berufsalltag, den Zustand des Waldes sowie ihre Sichtweisen und Gefühle im Umgang mit dem Klimawandel.
Frau Bauers schildert den Zustand des Waldes als verheerend. Der Wald, wie sie ihn einst kannte, sei kaum wiederzuerkennen. „Es ist für mich sehr schwer, in den Wald zu gehen und eben den Fokus wirklich auf das zu lenken, dass was neu kommt und dass es weitergeht. Ich sehe eben überall nur sterbende Bäume.“ Ihre Arbeit nimmt sie als zunehmend belastend wahr – geprägt von Sorge, Frustration und einem Gefühl der Ohnmacht. Die emotionale Belastung ist groß, nicht zuletzt, weil sie sich oft allein gelassen fühlt, wenn es darum geht, den Klimawandel zu stoppen. Viele Menschen verhielten sich gleichgültig, so Frau Bauers: „Da ist natürlich schon ein Bewusstsein und da ist auch ein Erschrecken. Aber wenn es denn darum geht, wo der nächste Urlaub gemacht wird, dann buchen die auch eine Reise mit der AIDA nach Kolumbien oder so. Und diese Kreuzfahrtschiffe kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es wird geflogen ohne Ende. [...] Also das Bewusstsein, ich will damit sagen, dass das Bewusstsein in der Allgemeinheit sich nicht ändert. Nicht in einen Fatz geändert hat, würde ich sagen. Und das finde ich schon sehr erschreckend.“ Trotz dieser herausfordernden Situation schöpft sie Kraft – aus ihrer tiefen Naturverbundenheit, ihrem christlichen Glauben und vor allem aus der Hoffnung, durch Aufklärung und Bildung etwas bewirken zu können. In dem von ihr gegründeten Waldkindergarten versucht sie Kindern die Bedeutung des Waldes näherzubringen. Ihre Überzeugung ist: „Nur was man kennt und liebt, kann man auch schützen.“
Das Gespräch mit Frau Bauers zeigt eindrücklich, dass der Klimawandel nicht nur ökologische Folgen hat, sondern auch psychologische und emotionale Dimensionen – insbesondere für Menschen, die täglich in und mit der Natur arbeiten.
Von Svjetlana Zimmermann
Quelle: Interview vom 9. Februar 2025 mit Frau Bauers, Försterin aus dem Harz